
Bischof und Imam für Begegnung statt Hass in Gesellschaft
Ihre Überzeugung, dass man in einer zusehends zerrissenen Gesellschaft Verantwortung übernehmen muss - nicht durch Abgrenzung, sondern durch Begegnung, Dialog und Menschlichkeit -, haben der katholische Bischof Hermann Glettler und der muslimische Theologe, Religionspädagoge und frühere Imam Abualwafa Mohammed bekräftigt. "Was uns als Menschen verbindet, ist weit mehr als uns trennt. Statt Hass zu nähren, müssen wir uns immer für den Menschen und für das Gute entscheiden", sagte der Innsbrucker Bischof bei der Präsentation ihres gemeinsamen neuen Buches "Nicht den Hass, die Liebe wählen" am Montagabend in der Wiener Buchhandlung Herder.
Mit ihrem Dialogbuch wollen Mohammed und Glettler zeigen, dass persönlicher oder kollektiver Hass niemals "Lösung oder gangbarer Weg in Konfliktsituationen" sein kann. In fünf Kapiteln regen sie zum Nachdenken über Dialog in verfeindeten Lebenswelten, Angst, Manipulation und Freiheit, Auswege aus der Hassspirale, das Miteinander der Religionen und das höchste Gebot der Liebe an. Handlungsimpulse geben Anstöße, "um möglichst rasch in ein konkretes Tun zu kommen".
Das Buch dokumentiere auch ihre interreligiöse Freundschaft, sei aber gleichzeitig kein "Schönwetterbuch" und spare heikle Fragen rund um Gewaltpotenziale von Religionen oder die Herausforderungen im Bereich Integration nicht aus, hielten Mohammed und Glettler unisono fest. "Wir sind nicht blind, dass es Probleme in der Gesellschaft gibt und auch desintegrative Kräfte", sagte der muslimische Theologe: "Wir sehen das, aber wir arbeiten dagegen: für Hoffnung, für den Aufbau von Vertrauen und für mehr Raum für das Miteinander."
Miteinander und Begegnung
Das Buch entstand in einer Zeit, die von Hassrede, Hasskriminalität, Angriffen auf Flüchtlingseinrichtungen und Terrorakten geprägt war. Angesichts dieser Entwicklungen fühlten sich viele ohnmächtig, wie Bischof Glettler schilderte. "Wir haben das natürlich mit hereingenommen, aber dann auch unterstrichen: Wir sind nicht ohnmächtig, sondern versuchen dagegen zu halten." Es gelte, Menschen aus ihren "Meinungs- und Überzeugungsbunkern" herauszuholen, "aus den vielen Bubbles, die man auch aggressiv abschirmt gegen die Außenwelt", zeigte sich der Bischof überzeugt. Eine neue Erfahrung des Menschseins sei nötig - und die entstehe nur in der Begegnung, betonte Glettler.
Glettler und Mohammed waren sich 2010 in Graz begegnet. Der heutige Bischof von Innsbruck leitete damals den Pfarrverband Graz St. Andrä-Karlau im multikulturellen Bezirk Gries. Der aus Ägypten stammende Abualwafa Mohammed wiederum war Imam eines Moscheevereins in der Nähe des Grazer Hauptbahnhofs. Aus den Begegnungen wurde eine Freundschaft. Seither diskutieren sie über den gesellschaftlichen Zusammenhalt in einer pluralen Gesellschaft. Ihren Austausch können Leserinnen und Leser in dem in Dialogform angelegten Buch, das jetzt im Herder Verlag erschienen ist, mitverfolgen.
"Nicht den Hass, die Liebe wählen" stellten Mohammed und Glettler bereits bei Veranstaltungen in Graz, Bregenz und zuletzt in der "Langen Nacht der Kirchen" in Innsbruck vor. Zur Buchpräsentation in Wien fanden sich zahlreiche langjährige Wegbegleiter beider Autoren ein. Auch die früheren Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Fuat Sanac und Ibrahim Olgun, nahmen teil.
(Buchinfo: Hermann Glettler, Abualwafa Mohammed, Nicht den Hass, die Liebe wählen - Ein Bischof und ein Imam über Spuren der Hoffnung in einer verwundeten Gesellschaft, 192 Seiten, Verlag Herder, 2025, ISBN: 978-3-451-60147-7)
Quelle: kathpress